Sommer. Sommerliches Wetter im Hof. Ein guter Ort um sich mit einer Gruppe von Leseratten und Büchernarren zu treffen und sich gegenseitig Leseempfehlungen zu geben. Das Thema: Reisen – Reiselust & Reisefrust.


Das erste Buch, das vorgestellt wurde, war In geheimer Mission durch die Wüste Gobi
Zwei Jungen geraten im China der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts in Bürgerkriegswirren. Sie erhalten den Auftrag, geheime Dokumente durch die Wüste Gobi zu schmuggeln. Dabei lernen sie die Mongolei kennen. Fritz Mühlenweg, der Autor, der selbst an der Gobi-Expedition Sven Hedins teilgenommen hat, schrieb später über das Steppenvolk: »Wer an den Lagerfeuern saß, in den Jurten das unbegrenzte Gastrecht genoß, den Sandsturm erlebte und zum asiatischen Sternenhimmel aufsah, ist für Europa halb verloren.«


»Wie heißt das Zauberwort?« fragte er gespannt, wie wenn ihm nichts Besseres passieren könnte, als es geschwind zu erfahren. »Es heißt ›Jabonah‹«, sagte Christian. Bis dahin hatte der Hausvater Sertschi geschwiegen, denn er verstand von der Unterhaltung seiner Gäste kaum ein Wort, weil er nicht Chinesisch konnte. Jetzt wurde er munter, schlug sich begeistert auf die Schenkel und rief: »Jabonah!« Dann fragte er Glück mancherlei, und auch Odburrung mischte sich ein und sprach längere Zeit. »Du kannst dein Heft aus der Tasche langen«, sagte Glück, »und ›Jabonah‹ hineinschreiben. Jabonah heißt eigentlich nur ›gehen‹, natürlich nicht zu Fuß, weil in der Mongolei niemand zu Fuß geht, solange er reiten kann. Es heißt auch ›aufbrechen«, oder: ›Jetzt geht die Reise los‹; und weil nichts schöner ist, als eine Reise tun, freut sich jedermann, wenn ›Jabonah‹ gerufen wird.«

Im Anschluß stellte die Autorin Regina E.G. Schymiczek ihr Buch Die Weide der Seepferde vor, das gerade in der zweiten Auflage erscheint. »Als der Meeresarchäologe Dr. Jack Foster bei einer Schatzsuche vor der Golfküste Floridas auf eine unbekannte Stadt nach antikem Vorbild stößt, ist seine Freude zunächst groß, da er glaubt, Atlantis gefunden zu haben. Tatsächlich ist er jedoch auf eine Verschwörung gestoßen, die das Ziel hat, die Weltherrschaft durch einen neuen Super-GAU zu erlangen. …«

Die Fernsehserien Babylon Berlin begeistert seit 2017 die Zuschauer. Sie basiert frei auf Volker Kutschers Kriminalreihe, die mit ›Der nasse Fisch‹ beginnt. Zum Thema Reisen wurden Auszüge aus dem neunten Band Transatlantik vorgestellt. Gereon Rath, der Hauptperson, dem es in Deutschland zu gefährlich wird, besteigt in Frankfurt den Zeppelin ›Hindenburg‹, um in die USA zu entkommen. Das Unglück der ›Hindenburg‹, die 1937 bei der Landung in Flammen aufging, überlebt er knapp. 

Eine ganz andere Art des Schreibens über Reisen findet man im nächsten vorgestellten Buch – Iso Camartins Jeder braucht seinen Süden. »Jeder kennt sie, die Sehnsucht nach dem Süden, nach dem irdischen Paradies. Und dieser Süden, sagt Iso Camartin, ›hat wenig mit Längen- und Breitengraden zu tun. Er ist nur mit Licht- und Wärmegraden der Seele zu messen. Seine Dimensionen haben einen einzigen Maßstab: den der Begierde nach dem Hellen und Weiten.‹«

Eine Reise in eine andere Zeit macht ein Chinese in Herbert Rosendorfers Briefe in die Chinesische Vergangenheit. Eigentlich will er nur in die Zukunft seines eigenen Landes reisen. Aufgrund eines Fehlers landet er jedoch im München der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Gesellschaftskritisch und einfallsreich nimmt der Autor die Sitten und Zustände der 1980er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland aufs Korn.

In Ferdinand von Schirachs  Regen. Eine Liebeserklärung geht es  um einen Menschen, der gefangen ist in Trauer und Depression. So ist in einer Rezension zu lesen. Im literischen Salon haben wir die Erfahrung gemacht, wie humorvoll und durchaus lustig ein Buch über Trauer und Depression sein kann; während des Lesens aus ›Regen‹ mußten wir immer wieder schmunzeln, ja laut lachen. Das soll nicht heißen, daß das Buch lächerlich sei, im Gegenteil – es handelt sich um ein außerordentlich gutes Buch, ein lesenswertes Buch. »Meine Regel lautet: 80 Prozent von allem ist Mist. (...) Sie zweifeln? Sie finden es gar nicht so schlimm? Dann gehen Sie mal ins Kaffeehaus und hören dort genau zu. ›Ich freue mich so, ich habe in einer Woche Urlaub.‹ So etwas wird da laufend gesagt. Die Leute sagen Urlaub statt Ferien, und damit ist schon alles verdorben.«


Das letzte Buch, aus dem vorgelesen wurde, war Mark Twains Zu Fuß durch Europa, ein halb-fiktiver, satirischer Reisebericht. Er beschreibt eine Reise von zwei Freunden durch Deutschland, die Alpen und Italien im Jahr 1878. Die beiden hatten sich eigentlich vorgenommen, den größten Teil des Weges zu Fuß zurückzulegen, finden dann aber doch ständig andere Möglichkeiten der Fortbewegung. Twain schildert den typischen amerikanischen Touristen jener Zeit, der angeblich alles sofort versteht, was er sieht, in Wahrheit aber häufig daneben liegt. 


Aus den gelesenen Passagen ergaben sich interessante Gespräche über die Bücher und Literatur im allgemeinen. Weitere Bücher wurden vorgestellt, ohne daß aus ihnen gelesen wurde: Roger Willemsen ›Deutschlandreise‹, Pascal Mercier ›Nachtzug nach Lissabon‹, ›Der Hotel-Rabe‹ aus dem Haffmans Verlag, Albert Vigoleis Thelens ›Die Insel des zweiten Gesichts‹ Wilhelm von Kügelgen ›Lebenserinnerungen eines alten Mannes‹.