»Der Mann war so zart, er mußte sich einen Schutzpanzer anessen, antrinken. Wie wäre sonst einer, zum Kind geboren, in das für Kinder biblische Alter von achtundvierzig Jahren gekommen? …
An diesem schweren Mann war alles leicht: seine Rede und sein Gang, seine Gesten und seine Hand, seine Verse und sein Gesang. Nur eines wurde diesem geborenen Melancholiker schwer: das Leben. Er litt an der Kälte unserer Welt …
Das Staunen – und das Entsetzen – eines Kindes vor dem Leben bestimmten alles, was er seither tat, als Hilfsarbeiter oder Zirkus-Clown, als ›Schulhelfer‹ oder Bergmann, als Holzschneider und Graphiker, als Dichter, Fabulierer, Herausgeber. Es tut ihm Unrecht, wer Günter Bruno Fuchs als Troubadour der Trinker, als Dichter der Destille feiert, nur weil einige Titel seiner Bücher dies vermuten lassen könnten, von den ›Trinkermeditationen‹ (1962) über ›Pennergesang‹ (1965) bis zu ›Herrn Eules Kreuzberger Kneipentraum‹ (1966). …
Dieses melancholische Weltkind war ein solider, fleißiger Handwerker: gestochen klar und schön die Züge seiner handschriftlichen Briefe, skurril hintergründig die schwarz-weißen Linien seiner Holzschnitte, voll zärtlicher Trauer die Gedichte und die (meistens in schlichten Hauptsätzen erzählten) ganz realistischen, zugleich ganz phantastischen Geschichten.«
Die Zeit, aus dem Nachruf, 1977